Die Heilige Jungfrau und die vierzig Tage

Quelle: FSSPX Aktuell

Im Bericht der Evangelien wird die Heilige Jungfrau von der Grablegung Jesu bis Pfingsten nicht erwähnt..

Ist es vorstellbar, dass sie zur Zeit der Offenbarungen des auferstandenen Christi abwesend gewesen wäre? Ist es möglich, dass dieses Schweigen eine Andeutung sein soll, dass Maria mit dem Erlösungswerk Christi nichts zu tun habe? Unter der Vielzahl von Beweisen, die uns die - wenn auch verborgene und unendlich diskrete - Anwesenheit Marias im Zentrum des Erlösungswerkes zeigen, sei hier ein weiterer genannt:

Vor seiner Auferstehung hatte Jesus die Seinen „Freunde“ genannt (Joh 15,15), und mit noch mehr Zärtlichkeit „Söhne“ (Markus 10,24) und „Kindlein“ (Joh 13,33). Aber erst seit seiner Auferstehung nennt Jesus sie „meine Brüder“: „Geht und begegnet meinen Brüdern“ (Joh 20,17); „Geht und sagt es meinen Brüdern“ (Mat 28,10). Mit diesem Wort wird die Gemeinsamkeit, die tiefste Verbundenheit des Familienbandes und die Gleichheit der Rechte und Pflichten ausgedrückt.

Der Herr hätte keinen fesselnderen Titel verwenden können, der die liebende Vereinigung mit sich selbst und die geistige Verwandtschaft, zu der er sie aufruft, besser zum Ausdruck bringt.

„Meine Brüder“ - dieses Wort ist auch der typische Ausdruck Seiner göttlichen und sehr liebevollen Barmherzigkeit, die Antwort Seiner unerschöpflichen göttlichen Güte, Seiner liebenden Güte für die Treue der Seinen. Und das genau in dem Moment, in dem der Abstand zwischen ihrer Kleinmütigkeit, ihrer Verleugnung, ihrer Flucht und seiner Auferstehung im neuen Zustand der Herrlichkeit und des Triumphes größer geworden ist.

Angesichts ihres Unglaubens und ihrer Zweifel zögert Jesus nicht, sie mit dem anregendsten und zärtlichsten Wort anzureden: „Brüder“.

Wenn sie aber seine Brüder sind, dann sind sie die Söhne Mariens. Gerade weil sie die Söhne Mariens geworden sind, nennt er sie nun „meine Brüder“! Und wir verstehen, warum unser Herr sie nicht vor seiner Passion so genannt hat, denn erst am Fuße des Kreuzes wurde Maria wirklich ihre Mutter: „hier ist dein Sohn - hier ist deine Mutter“.

Mit Blick auf seine Mutter spricht Jesus sie daher als seine Brüder an und gibt ihnen die nötigen Anweisungen während der vierzig Tage nach seiner Auferstehung.

Unter der Schirmherrschaft seiner Mutter bereitet er seine „Brüder“ auf ihre Mission vor, in seinem Namen in die ganze Welt zu gehen, um die Wahrheit zu verkünden und das Leben zu schenken.

Und wenn er nach den 40 Tagen in den Himmel auffährt, werden seine Brüder für immer vom Schutz seiner Mutter umhüllt sein, die auch ihre Mutter geworden ist, also Quelle des Mutes und der Tröstung in ihren apostolischen Werken, des Trostes und der mütterlichen Barmherzigkeit in den dunkelsten Stunden ihres missionarischen Lebens.

Auch wir haben das Glück, durch unsere Taufe „Brüder von Jesus“ sein zu dürfen. So spricht er auch zu uns in dieser Osterzeit: „Ihr seid meine Brüder, denn ich habe euch meine Mutter zur Mutter gegeben. Vergesst das nie!“