Kardinal López Romero spricht Klartext

Quelle: FSSPX Aktuell

Kardinal Lopez Romero

Der aus Spanien stammende Kardinal López Romero ist seit 2018 Erzbischof von Rabat in Marokko und wurde am 5. Oktober 2019 von Papst Franziskus zum Kardinal befördert. Er trat zunächst in den Orden der Salesianer ein und wurde 1979 zum Priester geweiht. Am 2. Dezember schrieb er einen Artikel in der Zeitschrift Vida Nueva, der eine gesunde Reaktion in der Frage des Missbrauchs darstellt.

Der Artikel kommentiert eine Entscheidung des derzeitigen spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez, der „eine Stärkung des rechtlichen Rahmens, damit die zivilrechtliche Haftung für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen nicht verjähren kann, sowie die Einrichtung eines staatlichen Fonds für Hilfs- und Entschädigungszahlungen an Opfer von Missbrauch in der Kirche“ angekündigt hat. 

Der Kardinal betont die außergewöhnliche Seltenheit einer solchen Entscheidung. Zumal Sanchez während der Debatte erklärte, die Kirche müsse sich verpflichten, allen Schaden wiedergutzumachen, auch verjährte Fälle. Was zugegebenermaßen – und ohne die Verantwortung der Missbraucher in irgendeiner Weise von sich weisen zu wollen – gegen das Gesetz selbst verstößt. 

Eine seltsame und weit verbreitete Diskriminierung 

Am seltsamsten ist jedoch die Diskriminierung, die eine solche Maßnahme mit sich bringt. Erzbischof Romero stellt eine einfache Frage: „Warum sollte dieser Fonds dazu verwendet werden, nur Opfer von Missbrauch in der Kirche zu entschädigen? Warum werden die Opfer von Missbrauch in öffentlichen Bildungseinrichtungen, die dem Bildungsministerium (...) unterstehen, beiseitegeschoben?“ Der Kardinal zählt dann Misshandlungen in „Gesundheitseinrichtungen, (...) Sportzentren, Turnhallen, (...) Vereinen und Bewegungen aller Art, (...) und auch in Ministerien“ auf. 

Kein Opfer darf ausgeschlossen werden 

Schließlich legt der Erzbischof von Rabat noch einen drauf: „Es hat sich herausgestellt, dass laut einer in diesem Bereich anerkannten Institution, der Vicky-Bernadet-Stiftung, 80 Prozent der Fälle von Kindesmissbrauch im familiären Umfeld stattfinden. Werden sie ohne Entschädigung und ohne Gerichtsverfahren gelassen werden, diese 80 Prozent der missbrauchten Kinder?“ 

Der Kardinal schließt mit einer Bitte an Pedro Sanchez: Falls ein Fonds eingerichtet wird, möge er kein Missbrauchsopfer vergessen. Missbrauch ist Missbrauch, egal in welchem Umfeld er stattfindet. „Aus Angst, dass der Fonds nur einer kleinen Anzahl von Opfern hilft (Missbrauch innerhalb der Kirche) und die große Mehrheit (über 95 Prozent) davon ausgeschlossen wird.“ 

Der Text von Kardinal Romero versucht nicht, Missbrauchstäter innerhalb der Kirche zu entlasten oder Entschädigungen zu verweigern, aber er hat das große Verdienst, daran zu erinnern, dass es sich nur um eine winzige Spitze eines Eisbergs handelt, der noch unerforscht ist. Und nicht zu vergessen, dass diejenigen, die diese ungeheuerlichen Verbrechen begangen haben, innerhalb der Kirche selbst eine sehr kleine Minderheit bleiben. 

Es bleibt zu hoffen, dass der spanische Regierungschef diese Botschaft verstanden hat und etwas mehr darüber nachdenkt, bevor er sich seinem Projekt allzu kopflos widmet.