Pfarrer seit 1963: Abbé Hubert Fleury verstorben

Quelle: FSSPX Aktuell

Pater Fleury neben Bischof de Galarreta, 2. Februar 1994 in Flavigny

Am Morgen des 19. Mai 2022 rief der liebe Gott Abbé Hubert Fleury zu sich, einen Diözesanpriester, der seit 1963 im Dörfchen Marzy, in der Nähe von Nevers, in Zentralfrankreich, tätig war.

Die Krankheit besiegte seinen Mut und seine Hartnäckigkeit, die ihm immer die Hoffnung gaben, seine Kirche, seine Pfarrei Saint-André, wiederzuerlangen.

Dort hatte er am 29. September 1963, dem Fest des Heiligen Michael, seine erste Sonntagsmesse gefeiert. Er war von Msgr. Patrice Flynn (1874-1970), dem Bischof von Nevers, zum Pfarrer ernannt worden, der ihn am 29. Juni 1957 auch zum Priester geweiht hatte.  Er hatte seine Studien am Priesterseminar von Nevers absolviert und stand im 65. Jahr seines Priestertums bzw. im 59. Jahr seiner Seelsorge in Marzy! Diese priesterliche Treue nötigt Respekt ab. Die dankbaren Gläubigen der Tradition werden besondere Gebete für die Seelenruhe dieses mutigen und tapferen Verteidigers des Glaubens zum Himmel schicken.

Pater Philippe Bourrat, ein ehemaliges Pfarrkind und heute Mitglied der Priesterbruderschaft St. Pius X., teilt hier seine Erinnerungen:

„Wir werden Abbé Fleury in Erinnerung behalten, weil er die Heilige Messe mit großer Würde zelebrierte, in einer gewissen Zeitlosigkeit, einer Aufhebung der Zeit, wie eine greifbare Verbindung zur Ewigkeit, weit entfernt von diesen übereilten Messen, die auf eine kirchliche Routine bei einigen Priestern hindeuten, die die heilige Realität, die sie vollziehen, vergessen. Sammlung und Tiefe in der Ausführung der liturgischen Gesten, Aufmerksamkeit für die Texte und Meditation des gregorianischen Gesangs, den er liebte und den er zu vermitteln suchte... Es ist schwierig, die Eindrücke zusammenzufassen, die sich aus dem ergeben, was wir in Marzy erlebt haben.

Als Abbé Fleury 1963 in seine Gemeinde kam, war es die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Papst Johannes XXIII. war im Juni 1963 gestorben und Kardinal Montini war ihm wenige Tage später im Papstamt nachgefolgt. Paul VI., der neue Pontifex, bereitete die zweite Sitzungsperiode des Konzils vor und schon bald wehte der ‚Geist des Konzils‘ durch die Kirche und führte zur Aufgabe all dessen, was das traditionelle Leben der Kirche ausmachte: Katechismus, Sakramente, Geist der Abtötung, Heiligenverehrung... Ein revolutionärer Wirbelwind ließ die religiöse Praxis in den Gemeinden erkalten und jeder fügte seiner liturgischen Kreativität noch eine persönliche Note hinzu.

Die wenigen Gemeindemitglieder der Kirche Saint-André in Marzy, die an diesem 29. September 1963 ihren neuen Priester begrüßten, ahnten nicht, dass sie eine der längsten Präsenzen eines Quasi-Pfarrers im Schatten ihres Kirchturms erleben würden. Sie wussten nicht, dass die dem Heiligen Andreas geweihte romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert einige Jahre später zu einem Ort werden würde, an dem die traditionelle Messe bewahrt wurde, aber auch die letzte Diözesangemeinde, die die sogenannte „Messe des hl. Pius V. gegen alle Widerstände beibehielt.

Im September 1963 war der neue Pfarrer gerade 30 Jahre alt geworden und hatte bereits sechs Jahre als Kaplan gedient. In seinem ersten Einsatz war er zum Lehrer am „Kleinen Seminar“ in Nevers ernannt worden, dann zum Vikar an der Kirche Saint-Jacques in Cosne-sur-Loire, danach zum Religionslehrer am katholischen Gymnasium in Saint-Didier-en-Velay. Schließlich war er als Domvikar in die Kathedrale von Auxerre gewechselt, wo er auf Erzbischof Frédéric Lamy (1887-1976), den Erzbischof von Sens-Auxerre, traf, der Ende 1962 in den Ruhestand gehen würde und der eine entscheidende Rolle in seinem geistlichen Leben gespielt hatte.

In allen Kirchen folgte eine liturgische Reform der anderen.

Viele Gläubige waren verwirrt und schockiert und der Klerus wurde zu immer "progressiveren" Kühnheiten verleitet, die den Glaubenssinn der Christen und die zweitausendjährige Tradition der Kirche missachteten.

Auch Abbé Fleury schloss sich der Bewegung an, erkannte aber schnell, dass mit der „Neuen Messe“ von Paul VI. (1969) der Glaube ernsthaft gefährdet war. Er erkannte die Fehlentwicklung und reagierte. Alles, was diese von protestantischen Ideen durchdrungene Reform vorbereitet hatte, nagte unaufhaltsam an der Substanz des christlichen Lebens, verdarb schlichtweg die Glaubenspraxis und stellte damit eine Bedrohung für das Seelenheil dar. Da der Ausdruck der Liturgie in engem Zusammenhang mit dem Inhalt des Glaubens steht, entschloss er sich, die überlieferte Liturgie der Kirche wieder zu zelebrieren. Diese Entscheidung gab er bis zu seiner letzten Messe am 1. Mai 2022 nicht mehr auf.

Er legte sich auf einen Zelebrationsstil fest, der einerseits Anleihen aus der Zeit vor der liturgischen Bewegung des 20. Jahrhunderts nahm und andererseits vom benediktinischen Mönchtum geprägt war. Abbé Fleury war Oblate der Abtei La Pierre-qui-Vire – eine 1850 von Pater Jean-Baptiste Muard gegründete Abtei im Departement Yonne in der Diözese Sens-Auxerre. Als junger Mann hatte er an eine monastische Berufung gedacht. Der Priester bewahrte immer seine Liebe für den gregorianischen Gesang und die Psalmodie. Der Gesang des Offiziums der Terz ging lange Zeit der Sonntagsmesse in Marzy voraus.

In der Kirche Saint-André wurde die Karwoche noch nach dem Ritus gefeiert, der vor der von Pius XII. 1955 durchgeführten Reform galt. In Marzy blieben viele Jahre lang die Prozessionen der Bitttage erhalten, aber vor allem die Fronleichnamsprozession. Die Segensaltäre für das Allerheiligste wurden von den Familien vorbereitet, die ein Kind hatten, das in diesem Jahr zur feierlichen Kommunion gegangen war. Abbé Fleury hatte die Bruderschaften der heiligen Agathe für die Damen des Ortes und des heiligen Vinzenz, des Schutzpatrons der Weinbauern, für die Herren wiederbelebt.

Unvergessen sind auch die Segnungen zu Sankt Christophorus Ende Juli, bei denen alle Arten von Fahrzeugen (darunter auch kleine Flugzeuge, die vom nahegelegenen Flugplatz starteten und mehrmals über die Kirche flogen...), aber auch sorgfältig zurechtgemachte Haustiere oder mit Blumen geschmückte Nutztiere stolz vor dem Kirchenvorplatz vorbeizogen, um den Segen des Zelebranten zu erhalten.

Die Sühne-Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu an den ersten Freitagen des Monats und die Herz-Mariä-Sühnesamstage wurden feierlich in der Kirche gehalten. Schon früh war die Pfarrei dem Erzengel Michael und in den 1980er Jahren dem Unbefleckten Herzen Mariens geweiht worden.

Die Entdeckung des Kampfes zur Bewahrung des katholischen Priestertums und der heiligen Messe, den Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) und die von ihm 1970 gegründete FSSPX führten, bestärkten seinen Entschluss, den guten Kampf des Glaubens aufrechtzuerhalten und den Kurs der Treue zur Tradition zu halten.

Abbé Fleury reiste regelmäßig zu den Priesterweihen nach Ecône. Er war bei meiner Subdiakonatsweihe anwesend und war mein assistierender Priester bei der Zeremonie der Priesterweihe. An diesem Fest Peter und Paul feierte er selbst sein 42-jähriges Priesterjubiläum.

Am darauffolgenden Sonntag öffnete er mir seine schöne Pfarrkirche von Marzy, damit ich dort meine erste Sonntagsmesse feiern und die Gläubigen der Gemeinde wiedersehen konnte, von denen viele nach Ecône gekommen waren. Im September 2013 lud mich Abbé Fleury ein, bei der Messe zum 50. Jahrestag seiner Anwesenheit in Marzy zu predigen. Das Kind der Gemeinde konnte so seinem Pfarrer eine priesterliche und dankbare Huldigung erweisen.

Abbé Fleury hatte einen starken, manchmal schroffen Charakter, der auf den ersten Blick einschüchternd wirkte. Er zögerte nicht, die Gläubigen herauszufordern, als wolle er ihren Gehorsam und ihre Treue testen. Diejenigen, die seine Ecken und Kanten akzeptierten, wussten jedoch, dass sich hinter diesen Zügen eine sensible Persönlichkeit verbarg, die auf die Sorgen ihrer Herde achtete, die Wunden ihres Lebens im Gedächtnis behielt und versuchte, sie zu heilen. Seine Herde bestand auch aus Gläubigen, die oft von weit her kamen.

Ein Teil der Einwohner des Dorfes brachte diesem Priester „aus einem anderen Zeitalter“ keine Sympathie und Unterstützung entgegen und nicht wenige beklagten sich, dass sie keine modernen, kürzeren Gottesdienste hatten.  Aber sie verneigten sich vor seiner Persönlichkeit und seinen Anforderungen, die Respekt einflößten.

Die Auseinandersetzungen, die er mit seinen aufeinanderfolgenden Bischöfen erlebte, verletzten Abbé Fleury innerlich. Da er an seinem Status als Diözesanpriester, an seiner geliebten Diözese Sens-Auxerre und später Nevers festhielt, nahm er jedoch eher eine Ächtung in Kauf, als auf die Verteidigung der wahren Messe und all dessen, was sie im christlichen Leben bewässert, zu verzichten.

Als Marzy 2015 in einen x-ten Pfarrverband eingegliedert wurde, dessen neu ernannter Pfarrer vorübergehend die Feier der neuen Messe am Samstagabend durchsetzte, war dies der Auftakt für die Einschränkung des Dienstes, die der Bischof von Nevers dem Abbé Fleury auferlegte. Ihm wurde nur noch das Recht zugestanden, die Messe zu feiern. Zweifellos trugen diese ständigen Verfolgungen dazu bei, seine Gesundheit zu beeinträchtigen, doch sie konnten seiner Entschlossenheit keinen Abbruch tun, den Kampf für den Glauben bis zum Ende zu führen und keine Kompromisse mit den religiösen Autoritäten einzugehen, wenn diese den überlieferten Glauben korrumpierten.

Abbé Fleury wurde im Grab seiner Mutter auf dem Friedhof von Lury-sur-Arnon im Departement Cher, einem kleinen Dorf südlich von Vierzon, beigesetzt. Sein Tod hinterlässt verwaiste Gemeindemitglieder, eine leere Kirche und ratlose Herzen.

Möge die Arbeit, die der Arbeiter im Weinberg des Herrn geleistet hat, weiterhin das christliche Leben derer inspirieren, die ihn gekannt haben. Mögen sie der heiligen Messe und durch sie dem Kampf des katholischen Glaubens treu bleiben, ohne sich von den Verführungen der Religion gefangen nehmen zu lassen, die Christus, den König, entthront und die glaubenszerstörende Ökumene fördert.

Möge die heilige Bernadette, die einige Kilometer von der Kirche Saint-André entfernt ruht, von der Unbefleckten den Schutz der Seelen dieser begnadeten Pfarrei erbitten, damit sie ihrerseits diesen Sinn für die Treue weitergeben, für den Abbé Hubert Fleury ein priesterliches Beispiel bleibt.“